Genmutationen - Erklärung und Bedeutung
Eine Genmutation ist eine Veränderung eines einzelnen Gens auf der zu Chromosomen angeordneten DNA. Die Genmutation ist das Resultat des Verlustes einer einzelnen Codierungsstelle in der DNA-Sequenz, oder gleich mehrerer. Ob und wie signifikant eine Genmutation von Bedeutung ist, entscheidet sich dadurch wie sich die Anordnung der Basenpaare der DNA durch die Mutation verändert. Die in der DNA codierte Information des Gens lässt sich je nach Grad der Mutation entweder gar nicht mehr ablesen, oder das sogenannte Leseraster ist verschoben und hat Auswirkungen auf die Endprodukte der DNA-Sequenzierung: Die Proteine.
Die DNA – eine kurze Einführung!
Die DNA ist der Träger der Erbinformationen und kann bildlich gesprochen mit einem Speichermedium verglichen werden. Die zur Doppelhelix angeordnete Struktur, ist jedem Lebewesen eigen und in den Eukaryoten - den Lebewesen mit Zellkern - als lose Struktur oder Chromosom angeordnet. In Prokaryoten - den Lebewesen ohne Zellkern - ist der DNA-Doppelstrang hingegen frei im Zytoplasma enthalten.
Die in bestimmten Chromosomenabschnitten vorliegenden Gene sind Codierungsstellen, welche sich aufgrund ihrer Anordnung von der restlichen DNA unterscheiden. Der Aufbau der Doppelhelix hingegen bleibt überall gleich und ist das Produkt aus vier verschiedenen Nukleotiden, die in einer abwechselnden zufälligen Reihenfolge oder im Fall der Gene, in einer ablesbaren Reihenfolge angeordnet sind.
Diese vier Nukleotide bestehen aus dem Zucker Desoxyribose, einem Phosphatrest sowie einer der vier Basen Adenin, Thymin, Guanin oder Cytosin. Diese Basen sind in dem Doppelhelixstrang zu den Basenpaaren Adenosin - Thymin sowie Guanin - Cytosin angeordnet. Das menschliche Genom besteht aus circa 3 Milliarden Basenpaaren, welcher in den menschlichen Körperzellen als zweifacher Chromosomensatz (2n = diploid) vorliegt, in den menschlichen Keimzellen (Ei und Spermium) hingegen als einfacher Chromosomensatz (1n = haploid).
Der Unterschied zwischen der Chromosomenabberation und der Genmutation
Thomas Hunt Morgan war zu Anfang des 20. Jahrhunderts der Erste, welcher ein Gen auf einem Chromosom der Taufliege Drosophila melanogaster nachweisen konnte. Verantwortlich dafür war die Augenfarbe der Fruchtfliege, welche durch eine Mutation im sogenannten Wildtyp-Allel, also dem unveränderten Gen, zu einer weißen Augenfarbe in dem veränderten Gen, dem mutierten Allel führte.
Die Mutation, also die Veränderung eines DNA-Abschnittes wirkt sich oftmals nur dann auf das Erscheinungsbild oder andere nicht sichtbare Körperfunktionen, also dem Phänotyp eines Organismus aus, wenn diese Mutation in einem Genabschnitt stattfindet. Im Gegensatz zur Chromosomenabberation, die zur Veränderung der Chromosomenstruktur (Chromosomenmutation) oder der Chromosomenanzahl (Genommutation - z.B. die Krankheit Trisomie 21) führen kann, ist die Genmutation nur auf den Abschnitt des einzelnen Gens beschränkt und dies mit unterschiedlicher Auswirkung.
Die Genmutation, ein Überblick!
Zufällig und spontan auftretende Genmutationen erhöhen die genetische Variabilität innerhalb einer Population. Ein sich schnell vermehrender Organismus hat somit eine sehr hohe Mutationsrate, die auf Fehler bei der Replikation, also der Genomverdopplung bei der Zellteilung rückzuführen ist. Diese spontan auftretenden Mutationen, zu denen auch die sogenannten beweglichen Gene in Form von Transposons im Genom gehören, müssen von denen, durch die von außen einwirkenden Mutagene (z.B. Strahlung oder Chemikalien) verursachten Mutationen unterschieden werden.
Findet eine Mutation im Genom der Keimzellen statt, wird diese an die Nachkommenschaft bei der Fortpflanzung weitervererbt. Mutationen in den Körperzellen hingegen sind oftmals unauffällig, da ein Gen diploid, also doppelt im sogenannten Soma vorliegt. Dennoch kann eine einzelne Mutation zu einer starken Beeinträchtigung führen.
Dass dies jedoch nicht immer der Fall ist, das heißt, dass sich Mutationen per se negativ auswirken, werden wir am Beispiel des Blutgruppensystems gewahr. Hier sind die sogenannten Blutgruppen A, B und O Allele ein und desselben Gens, von denen es allein in Deutschland die häufigen Allelvariationen A1, A2, B1, O1, O2, O3 gibt, von einigen noch selteneren ganz zu schweigen. Positiv an diesen Genvariationen - den Allelen - ist, dass z.B. die Blutgruppe 0 in Bevölkerungspopulationen von Afrika zu einer erhöhten Toleranz gegenüber Malaria führte.
Welche Genmutationen werden voneinander unterschieden?
Die Veränderung oder der Verlust einer einzelnen Base eines Gens wird Punktmutation genannt. Diese bleibt folgenlos und redundant, wenn der für die Synthese der Aminosäure verantwortliche 3-Basen-Code zur Synthese ein und derselben Aminosäure führt (engl. silent Mutation).
Wird der Verlust einer Base im DNA-Strang durch eine andere Base ersetzt, handelt es sich um eine Substitution. Wird dabei eine Purinbase (Adenosin, Guanin) durch eine andere Purinbase ersetzt beziehungsweise eine Pyrimidinbase (Cytosin, Thymin) durch eine andere Pyrimidinbase, nennt sich dieser Prozess Transition.
Der Tausch einer Purinbase durch eine Pyrimidinbase wird hingegen Transversion genannt.
Bei der Substitution handelt es sich somit um eine Mutation, bei der das sogenannte Leseraster des Gens erhalten bleibt. Dennoch kann der Tausch nur einer einzelnen Base im Gencode zu schwerwiegenden Folgen führen, wie das Beispiel der Sichelzellenanämie, eine oftmals tödlich verlaufende Erbkrankheit veränderter roter Blutkörperchen, zeigt.
Fällt eine Base aufgrund einer Punktmutation komplett weg oder reiht sich eine neue Base in das Leseraster eines Gens ein, führt dies zu einer Verschiebung des Leserasters. Diese auch als Insertion (Zugewinn) oder Deletion (Verlust) bekannten Prozesse können mit nur einem Satz anschaulich erklärt werden. Die Information „Ich mag Eis“ führt zu einer Leserasterverschiebung beim Hinzufügen einer hypothetischen Base x – „Ich xma gEi“, wobei zwei neue Aminosäuren im Falle des Beispiels gebildet werden. Die Deletion der hypothetischen Base m „Ich age is“ führt ebenfalls zu schwerwiegenden Leseraster Verschiebungen.
Im Ergebnis wird entweder das Protein, welches durch die Aminosäuren gebildet wird überhaupt nicht synthetisiert, oder es entsteht ein Protein mit komplett falschem Aufbau, wodurch seine Funktion schwerwiegend eingeschränkt wird. Die Deletion oder die Insertion größerer Abschnitte des Gens oder großer Chromosomenbereiche können zu schwerwiegenden Erkrankungen führen. Ein gutes Beispiel ist das Katzenschreisyndrom, bei der Kinder durch den Verlust eines kurzen Armes vom Chromosom 5 katzenähnliche Laute von sich geben und andere starke Körperbeeinträchtigungen besitzen.
Im Gegensatz dazu führt die Duplikation, also die Verdopplung beziehungsweise Vervielfachung von Genabschnitten oder ganzen Chromosomen ebenfalls zu schwerwiegenden Erkrankungen. Das wohl bekannteste Beispiel ist die Trisomie 21, bei dem die Duplikation des gesamten Chromosoms 21 zu sowohl geistigen als auch körperlichen Beeinträchtigungen führt. Die Inversion, eine Verdrehung des Gencodes oder einem Stück Chromosom um 180°, z.B. ACCGAC zu CAGCCA, ist in der Regel eine Chromosomenmutation, welche zu komplett verschiedenen Aminosäuren führt. Im ersten Beispiel liegen so die beiden Aminosäuren Threonin und Asparaginsäure aneinander gekettet vor, im umgedrehten Fall jedoch Glutamin und Prolin, also zwei gänzlich unterschiedliche Proteinbestandteile.